10.05.2009

Die Mischung macht's

Vor kurzem sagte mir ein befreundeter Motorradjournalist, der mittlerweile mit drei Kindern und einem eigenen, renovierungsbedürftigen Haus gesegnet ist: "Also, wenn ich nicht beruflich Motorrad fahren würde, dann käme ich wohl überhaupt nicht mehr dazu."
Ja, so ist das wohl. Privat und am Wochenende fahre ich ebenfalls kaum noch - und das wird sich wohl auch nicht ändern, wenn der Kleine dann wirklich da ist. Glücklicherweise habe ich einen Job, der es mir ermöglicht, ab und zu aus beruflichem Anlass auf's Motorrad zu steigen. Und zunehmend achte ich darauf, in diesen Fällen Zweiräder auszuprobieren, die ich privat nicht unbedingt besitzen möchte, aber im Sinne eines ganzheitlichen Verständnisses (oder so) doch einmal gefahren haben sollte. Zum Beispiel Roller. 
Vor einigen Wochen hatte ich es mir in den Kopf gesetzt, einen 50er Roller mit der, wie es euphemistisch heißt, bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h von Würzburg ins 120 Kilometer entfernte Mörfelden zu überführen. Kurzes Fazit: Das war eine interessante Erfahrung. Bekanntlich schätze ich zurückhaltend motorisierte Zweiräder durchaus, aber ein Dauertempo von 50 kratzt schon an der Menschenwürde - vor allem auf Straßen mit ausgeprägtem Lkw-Verkehr. Der Vorteil eines solchen Fahrzeuges: Es entbindet den Fahrer komplett von einer zwar nicht lästigen, aber doch nicht zu unterschätzenden Regelungsaufgabe, denn er muss sich nicht mehr um die Geschwindigkeit kümmern. Vollgas ist in praktisch jeder Fahrsituation vollkommen angemessen. Einsame Landstraßen machten mit dem kleinen Peugeot aber trotzdem Spaß: meditatives Dahinrollen mit musikalischer Untermalung durch einen bei 8.000 Umdrehungen kreischenden Zweitaktmotor. 
Ein ganz anderes Kaliber ist da schon der Honda SH 300i, den ich am Freitag ausprobieren konnte. Ein Großradroller (16 Zoll!) mit kräftigem 300er-Einzylinder. 27 PS und 170 Kilo hören sich für einen Motorradfahrer zwar nicht spektakulär an, aber die Automatik garantiert trotzdem vergnügliche Ampelstarts. Das lässige und souveräne, vollautomatische Dahincruisen machte mir einfach Spaß. Geschaltet habe ich in meinem Motorradleben wahrscheinlich schon genug. Außerdem ist der Motor sparsam, 3,6 Liter reichten für 100 flotte Kilometer.
Was mich hingegen an beiden Fahrzeugen störte (und wahrscheinlich an der gesamten Fahrzeuggattung), ist die Sitzposition. Die Beine ohne jede Körperspannung vorn abgestellt, das gesamte Gewicht auf dem Arsch lastend, die Arme halb angewinkelt, tat mir spätestens nach einer Stunde der Rücken weh. Aber für lange Touren sind Roller wohl auch nicht gebaut. Was Honda hingegen durchaus bauen sollte, wäre ein echtes Motorrad mit dem Triebstrang des SH 300i. Das könnte mir gefallen.