05.05.2010

Heizgriffe und Rennstrecke

War das cool. Rennstreckenfahren auf der Grand-Prix-Strecke am Nürburgring bei vier Grad Celsius. Was war ich froh über die Heizgriffe!
Heizgriffe? Rennstrecke? Regelmäßigen Ras-mussen-Lesern dürften beide Begriffe ziemlich fremd vorkommen, spielten sie doch auf dieser kleinen Seite bislang keine Rolle. Doch am vergangenen Dienstag fanden beide unbekannte Welten auf für mich höchst erfreuliche Weise zusammen, und das hatte mit der Reifenfirma Michelin zu tun. Die Leute wollten ihren neuen Supersportreifen Power Pure in Deutschland präsentieren und luden dazu einige Journalisten auf den Nürburgring ein. Dort standen ein rundes Dutzend BMW S 1000 RR sowie andere BMW, Kawasaki, Suzuki und Yamaha bereit, um den Gummi zu testen.
So weit, so gut. Doch am Morgen des fraglichen Tages war die Rennstrecke erst einmal weg, nämlich in dicken, eiskalten Nebelschwaden verborgen. Tief in mir hoffte der innere Schweinehund sogar, es möge so bleiben, damit die Im-Kreis-Heizerei inmitten einer Gesellschaft humorloser Semiprofis und übermotivierter Gaskranker erspart bliebe. Ein wenig Schiss hatte ich schon.
Doch irgendwann riss der Nebel auf und die Strecke trocknete ab. Es gab keine Ausreden mehr. Mein innerer Schweinehund führte mich trotzdem für den ersten Turn zu einer braven BMW F 800 R, auf der ich die ersten Runden in der Obhut eines strengen Instrukteurs zurücklegte. Das war auch gut so, denn auf dem eiskalten Asphalt baute der Reifen kaum Grip auf und tat wenig dafür, mich mit der Situation auszusöhnen. Doch kurze Zeit später war der Gummi aufgewärmt, der Bremser hatte das Rennen freigegeben, und mir blieb nichts anderes übrig, als kräftig Gas zu geben.
Klar: Wenn es einmal läuft, ist die Rennstrecke toll. Kein Gegenverkehr, keine Bäume, keine Traktoren, immer wieder die gleichen Kurven und damit ein gewisser Lerneffekt. Die 20 Minuten auf der 800er ließen mich daran glauben, hier doch nicht vollkommen fehl am Platze zu sein. Und mit 85 PS einen Vordermann in der Kurve zu überholen, der über die doppelte Leistung gebiete, machte durchaus Spaß, obwohl ich über solch niederen Gefühle sonst natürlich erhaben bin.
Die nächsten Turns legte ich ebenfalls auf BMW zurück, nämlich auf K 1300 S und dann auf der supergehypten S 1000 RR. Erstere ist ein schwerer Bock, der nach meinem Gefühl sogar den Reifen an seine Grenzen brachte - jedenfalls fühlten sich größere Schräglagen immer leicht schwammig und unsicher an. Die RR zeigte solche Zicken nicht, allerdings nervte mich die extrem versammelte Sitzposition. Hier stimmte die alte Redensart vom Affen auf dem Schleifstein.
Am besten gefiel mir die Boxer-HP2. Erstaunlich handlich, tolles Fahrwerk - solange man nicht in Schräglage lastwechselte oder gar herunterschaltete - und ein kräftiger, durchzugsstarker Motor. Wobei mir der gedopte Flachtwin trotz angeblich 140 PS nicht stärker vorkam als mein Ducati-V2. Insgesamt kamen so 80 Minuten Rennstrecke zusammen, die wie im Flug vergingen. Hat Spaß gemacht. Bis auf die Kälte natürlich.