01.09.2012

Das Dreiecksprinzip

Das passt nicht besonders gut zusammen, ich weiß: Das klassische SR-Cockpit und ein Navigationsgerät. Aber um in einer bekannten Gegend neue Fahrerlebnisse zu generieren, muss man eben manchmal neue Wege gehen.
Lange habe ich mich lange dagegen gesträubt, ein Navi zum Motorradfahren zu verwenden. Nach einem Jahr Erfahrung mit dem Tomtom Urban Rider kann ich sagen, dass diese Skepsis berechtigt war - zum Teil. In ganz bestimmten Situationen oder unter genau definierten Bedingungen ist er der guten alten Generalkarte nämlich doch überlegen.
Eine davon ist - logisch - das Auffinden einer bestimmten Adresse. Linear von A nach B zu fahren, besonders wenn man noch nie in B war und es in einer dicht besiedelten Gegend liegt, da macht dem Routenfinder niemand etwas vor.
Die Anreise nach Freiburg vor kurzem, das war so ein Fall. Kenne ich mich etwa in Freiburg aus? Nö. Also Fewo-Adresse programmiert, den "Nebenstreckenregler" in den Routenoptionen auf Maximal gestellt und los ging's. Mit fast schon paranoider Präzision vermied das Gerät jegliche Bundesstraße und führte uns durch einsame Gegenden und über gottverlassene Straßen, durch lauschige Täler und über karge Höhen, dass es eine reine Freude war.
Doch um Fahrten von A nach B geht es beim Motorradfahren recht selten, jedenfalls bei mir. Viel häufiger ist der Fall A nach A, aber über C, D, E, F, G und H. Spaßeshalber habe ich kürzlich mal versucht, auf dem Touchscreen selbst eine solche Route zu programmieren, bin aber kläglich gescheitert. Denn das blöde Ding wollte für jeden Wegpunkt eine konkrete Adresse oder eine spezielle Kreuzung wissen, aber woher zum Teufel sollte ich die nehmen? C bis H sind doch lediglich Anhaltspunkte, aber das konnte ich dem Tomtom nicht begreiflich machen. Ich hab's dann gelassen. Natürlich weiß ich, dass man die Route auch am Computer programmieren kann und dann ins Navi laden, aber auf so einen Vorbereitungsaufwand habe ich einfach keine Lust.
Vielmehr bin ich auf eine andere Methode verfallen, die Stärken der elektronischen Navigation zu nutzen: das Dreiecksprinzip. Das funktioniert so: Man suche sich in der Gegend, in der man fahren will, eine beliebige Stadt oder ein Dorf als Ziel. Alsdann lasse man sich ohne weitere Zwischenziele dorthin führen und genieße die Route, die Tomtom dafür aussucht. Die ist nämlich praktisch immer top gewählt. Am oder kurz vor dem Ziel programmiere man dann einen weiteren Wegpunkt, der grob Richtung Heimat führt, und folge weiter den Anweisungen. Der dritte Punkt des Dreiecks ist dann die Heimatadresse. Natürlich kann man aus dem Dreieck auch ein beliebig komplexes Polygon machen, aber das würde den betont simplen Ansatz der Methode konterkarieren.
Das Dreiecksprinzip basiert noch auf einer weiteren Erfahrung mit Navigationsgeräten: Je besser ich über eine Strecke vorher Bescheid weiß - entweder aus Erfahrung oder durch die genaue Planung vorher - desto mehr misstraue ich dem Gerät und gerate schlussendlich in Konflikt mit ihm. Es ärgert mich nämlich enorm, wenn das Scheißding nicht genau so fährt, wie ich selbst gefahren wäre. Wollte ich das Tomtom also nur als Generalkartenersatz nutzen, um rund um Würzburg meine traditionellen Touren abzufahren, wäre der Frust programmiert. Es ist viel besser, wenn ich die Route nicht kenne.
Heute hat sich das Dreiecksprinzip erstmals in der Praxis bewährt. Ich hatte drei Stunden zum Motorradfahren. Ich kenne zwei, drei Touren, die ich in dieser Zeit blind fahren könnte - aber die langweilen mich. Mit der Dreiecksmethode dagegen bin ich heute zu drei Vierteln vollkommen unbekannte Straßen gefahren, und das quasi vor der Haustür.
Ich glaube, das mache ich jetzt immer so.