11.06.2016

Reihenweise Reihentwins


Gestern endete die Motorradwoche bei bestmöglichem Wetter mit einer über 400 Kilometer langen Rhön-Runde. Morgens fuhr ich zuerst mit Isa entlang von Main und Sinn in Richtung Norden und schließlich über Poppenhausen auf den Hochrhönring. Auf der Wasserkuppe trennten wir uns, weil die beste Ehefrau das Kind aus dem Hort abholen musste, während ich mich im thüringischen Wasungen mit den Kollegen Thomas und Marc treffen wollte, die auf dem Weg zum MZ-1000-Treffen im Spessart waren.
Immerhin hatte Marc auch tatsächlich eine MZ 1000 SF dabei, obwohl er tags zuvor seine neue KTM Superduke GT vom Händler abgeholt hatte. Thomas ist bereits vor längerem auf KTM Adventure umgestiegen. Offensichtlich geht die Zeit, in der die "Kilo-Emme" noch als unterschätztes, aber trotzdem konkurrenzfähiges Alltags-Sportbike gelten konnte, langsam zu Ende. Die wenigen Exemplare werden gut gepflegt, aber nicht mehr viel gefahren - so ist jedenfalls mein Eindruck. Interessant, dass beide MZ-Freunde ausgerechnet auf KTM umgestiegen sind. Offensichtlich setzen der technische Look und die sportlichen Fahreigenschaften bei hoher Alltagseignung genau das fort, was MZ vor 20 Jahren angefangen hat.
Ich war natürlich auch markenfremd unterwegs, meine beiden Zschopauerinnen rotten schließlich im Kuhstall vor sich hin. Aber die Triumph Bonneville hat immerhin ebenfalls einen Reihen-Zweizylinder. Und dieser Umstand lädt ein, sich ein wenig mit den beiden Aggregaten zu beschäftigen.

Hubraum sticht Drehzahl
Als der 1.000-Kubik-Motor Ende der 90er Jahre bei MZ und diversen Engineeringfirmen entwickelt wurde, galt der volle Liter Hubraum als das Nonplusultra für einen sportlichen Zweizylinder. Um auf eine möglichst hohe und damit vorzeigbare Leistung zu kommen, entschied sich MZ Engineering für eine Kurbelwelle mit 180 Grad Hubzapfenversatz. Das machte hohe Drehzahlen bei vertretbaren Vibrationsaufkommen möglich, aber sorgte für einen langweiligen Sound und ein etwas eckiges Laufverhalten bei niedrigen Drehzahlen. An Drehmoment fehlte es dort ebenfalls. Und so kamen alle damaligen Tests zu dem Schluss: "Tolles Fahrwerk, aber der Motor..."
Ganz anders die Triumph: Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, also werden großzügig 1.200 Kubik für ein schlankes Naked Bike eingeschänkt. Der Reihentwin soll pulsieren wie ein V, also gibt man ihm eine 270-Graf-Kurbelwelle mit. Spitzenleistung ist im Alltag weniger wichtig als guter Durchzug, also packt man das ganze Drehmoment nach unten und begrenzt den Motor auf 80 PS (zum Vergleich; die MZ hat 117).
Dabei entsteht der viel bessere Motor, jedenfalls für meinen Geschmack. Aber natürlich ist ein Vergleich zwischen MZ 1000 und Triumph Bonneville sinnlos, schließlich sind das vollkommen unterschiedliche Segmente.
Wie ein moderner Hochleistungs-Zweizylinder aussieht, wenn man alle traditionellen Beschränkungen außer Acht lässt, zeigt in Perfektion der KTM-V2. Der kann einfach alles. Wahrscheinlich sind die MZ-Fahrer deshalb so scharf auf ihn.