22.05.2012

Die Einzylinduro

Nach fast einer Woche komme ich nun endlich dazu, meine Erlebnisse mit der Yamaha XT 660 Ténéré auf dieser kleinen Seite zu veröffentlichen. Die Einzylinder-Reiseenduro mit der, ähem, prägnanten Frontansicht (Bilder erspare ich euch hier, ich habe eh' vergessen, welche zu machen) zierte in den letzten Wochen unseren Testfuhrpark und trug mich stilecht auf der Fahrt zu einem Yamaha-Händler in die Nordpfalz.
Ich bin ja nun kein eingeschworener Fan von Reiseenduros, aber es war klar, dass ich die XT mit ihrem Einzylinder einmal fahren musste. Schließlich handelt es sich um den Nachfolgermotor des XTZ-Motors, der Kraftquelle meiner geliebten Skorpion. Und ich muss zugeben: Der Vierventil-Einspritzer fährt sich schon original genau so spritzig wie mein alter Motor nach den diversen aufwendigen Umbauaktionen, sprich Flachschiebervergaser und Sportauspuff. Mit Zahlen kann ich das natürlich nicht untermauern, aber "gefühlt", wie man so schön sagt, stimmt das auf jeden Fall. Und das, obwohl die XT gut über 200 Kilo wiegt und mit der Statur eines Nikolai Walujew gesegnet ist. Ein Kollege hat die Maschine auf der Autobahn mit 169 km/h gemessen (GPS, nicht Tacho) - für 48 PS ist das aller Ehren wert.
Für die gut 400 Kilometer Landstraße zwischen Würzburg und Kaiserslautern, auf denen ich zu einem großen Teil schwer niedergeregnet wurde, eignete sich die XT jedenfalls bestens. Die Sitzposition wirkt - typisch Reiseenduro - auf den ersten Blick außerordentlich bequem, weil man aufrecht und entspannt sitzt. aber dadurch lastet auch das ganze Körpergewicht auf dem Arsch, und der (also meiner jedenfalls) protestiert dagegen nach einer Weile sehr energisch. Lieber ist mir dann doch eine leicht nach vorn gebeugte, versammelte Haltung. Auf den engen, kurvigen Straßen im Odenwald und später in den nördlichen Ausläufern des Pfälzer Walds war mir die Handlichkeit und die gute Übersicht, die aus der geraden Sitzhaltung resultierten, aber sehr angenehm. Man kann eben nicht alles zugleich haben.
Noch ein Wort zur Verkleidung: Wieder einmal nervte mich dieser sogenannte Windschutz mehr, als er mir half. Bei ungefähr 130 km/h löste der Luftstrom extrem störende Vibrationen an meinem Helm aus, die fast zu Sehstörungen führten. Hab ich auch noch nie erlebt. Da ist mir der gleichmäßige Winddruck auf einem unverkleideten Motorrad doch viel lieber.
Ja, die XT. Ich wusste ja schon vorher, dass ich sie mögen würde. Schließlich ist sie eine Yamaha und ein Einzylinder. Zwar hässlich wie die Nacht, aber wenn man fährt, sieht man sie ja nicht. Umso überraschter war ich, dass so viele Kollegen, die sonst auf fette mehrzylindrige Reiseenduros stehen, die kleine Japanerin auch gut fanden. Und der Yamaha-Händler sagte mir, dass, seit die Ténéré mit ABS und etwas geringerer Sitzhöhe lieferbar ist, die Abverkaufszahlen deutlich gestiegen seien. Ist das nicht schön? Vielleicht ist die Welt doch noch zu retten.
Übrigens wundert es mich doch sehr, dass KTM noch keine Reiseenduro auf Basis seines 690er-Singles baut. Damit wären 70 PS und 180 Kilo möglich - ein Hit!