Von Indien hört man ja, dass es dort heilige Kühe geben soll, die in der Hierarchie des Straßenverkehrs einen höheren Rang einnehmen als der sogenannte Mensch. Auf der Silvretta-Hochalpenstraße in Österreich gibt es solche Kühe auch. Gesunde, wohlgenährte, freilaufende Kühe. Dort kann es passieren, dass man beim Auftauchen aus einer engagiert gefahrenen Kehre einem gehörnten Rindvieh ins Auge blickt. Oder hastig dessen schmierigen, fladenartigen Hinterlassenschaften ausweichen muss.
Und die andere Kuh, ich meine meine BMW? Immerhin war die Alpentour mit dem Verlag, die am vergangenen Wochenende stattfand, die erste richtige Reise mit diesem meinem jüngsten Fuhrparkmitglied, und wie man aus der Fachpresse entnehmen kann, soll es ja kein besseres Alpenwerkzeug geben als eine Bochser-BMW. Also, ich weiß nicht.
Zuerst das Positive: Für ihre knapp 250 Kilo ist die Dicke verdammt handlich unterwegs. Die Schräglagenfreiheit ist für meine Fahrkünste trotz der dicken Zylinder mehr als ausreichend. Der Motor taugt super für Serpentinenstrecken, in denen es auf gute Beschleunigung aus niedrigen Drehzahlen ankommt. Selbst fast aus dem Stand beschleunigt er kraftvoll im zweiten Gang - den ersten braucht man nie. Nie! Wenn ich das mit meiner ehemaligen Ducati vergleiche...
Doch nun der, ähem, Pferdefuß: das Getriebe. Über Schaltgeräusche bei den Bochser-BMWs hat man ja schon einiges gehört. Aber das ging mir bislang am Hintern vorbei, denn ich wollte so etwas ja nie fahren. Nun, nach vielleicht 3.000 Kilometern mit meiner eigenen BMW, bin ich dagegen ein Betroffener. Mein vorläufiges Fazit: Bei diesem Getriebe muss man von einer Fehlkonstruktion ausgehen.
Schaltgeräusche sind an sich ja nicht schlimm. Der laute Schlag, den man zum Beispiel von Harley-Getrieben kennt, ist akustisch zwar eindrucksvoll, aber immer gleich und klingt irgendwie
solide und vertrauenerweckend. Die BMW-Box hingegen gibt unterschiedlichste Klangvariationen von sich, und man kann nie vorhersagen, welche gleich erklingen wird. So ist es absolut möglich, vollkommen geräuschlos zu schalten - zum Beispiel wenn man schön langsam vom vierten in den fünften Gang wechselt. Schnell dagegen mag sie es nicht so gerne, und kommen dann noch höhere Drehzahlen und Lasten hinzu, dann verweigert sie sich vollends. Schnarrende Obertöne zeigen dann, dass hier etwas nicht zusammenwill, das doch zusammengehört. Vor allem zwischen dem zweiten und dem dritten Gang - die wichtigste Schaltung auf einer engkurvigen Bergstraße - ist kein Gangwechsel ohne solche Geräusche möglich. Und man hört sie nicht nur, man fühlt sie auch. Schrecklich.
Beim entspannten Surfen fällt das nicht so ins Gewicht, da hat man ja Zeit, jeden Schaltvorgang strategisch vorzubereiten, komplett zu durchdenken und sanft, aber entschieden durchzuziehen. Bei sportlicher Fahrweise jedoch, da muss das Getriebe einfach liefern, verdammt noch mal. Und genau das macht es nicht. So ist sie doch keine perfekte Alpenmaschine, die Kuh.
P. S.: Gaaanz viele Bilder von der Motorradtour gibts hier.
Reisetagebuch Japan (3): Blade Runner
vor 6 Tagen