19.03.2019

So wird es vielleicht doch etwas mit dem Elektromotorrad

Die neue Zero SR/F, der Harley-Davidson Livewire und die Energica Eva zeigen den aktuellen Entwicklungsstand des batterieelektrischen Antriebs beim Motorrad. Mit 11 bis 14 kWh Energie im Akku schaffen sie 100 sportliche oder 200 verbummelte Kilometer, bevor sie für mindestens zwei Stunden (je nach Ladegerät) an die Steckdose müssen. Das ist vielleicht akzeptabel für ein bisschen Posen in der Stadt, ein paar schnelle Runden auf einem abgesperrten Kurs oder für den täglichen Arbeitsweg - aber sicher nicht für den eigentlichen Zweck des Motorradelns, das Tourenfahren im Outback. Meine Meinung zu den Zukunftschancen des elektrischen Motorrads, die ich schon früher auf dieser kleinen Seite kundgetan habe, hat sich deshalb auch trotz der jüngsten Modellvorstellungen nicht geändert.
Stopp: des batterieelektrischen Motorrads, müsste ich präzisieren. Doch was, wenn man den Strom nicht mitschleppt, sondern im Fahrzeug selbst produziert? Dann hätte man einen Hybridantrieb - eine Bauart, die im Auto längst etabliert ist, aber im Zweirad seltsamerweise noch nie ausprobiert wurde (von Studien abgesehen, beispielsweise von Piaggio oder, ja!, MZ). Wahrscheinlich gibt es gute Gründe dafür, und trotzdem will ich hier einmal untersuchen, ob es nicht möglich wäre, einen Hybridantrieb im Motorrad unterzubringen.

Diese Bauarten von Hybridantrieben gibt es
Ein Hybridantrieb ist eine Kombination aus zwei Antriebsorganen. In den allermeisten Fällen handelt es sich um einen Verbrenner und eine Elektromaschine. Es gibt zwei prinzipielle Bauarten - den parallelen und den seriellen Hybrid -, und eine Mischform, den leistungsverzweigten Hybrid. Prinzipiell sind diese Antriebe nicht darauf ausgelegt, rein elektrisch zu fahren. Der E-Motor dient vielmehr dazu, den Verbrenner zu entlasten und damit den Kraftstoffverbrauch zu senken.
Um elektrisch zu fahren, braucht man einen sogenannten Plug-in-Hybrid: Hier ist der E-Motor so stark und die Batterie so groß ausgelegt, dass das Fahrzeug nennenswerte Strecken rein elektrisch zurücklegen kann. Die Batterie muss man natürlich am Stromnetz aufladen. Plug-ins kann man auf Basis aller drei Bauarten verwirklichen.

Diese Komponenten braucht man für einen Hybridantrieb
Um zu entscheiden, welcher Hybrid sich für den Einsatz im Motorrad eignet, sollten wir zuerst einen Blick auf die notwendigen Komponenten werfen. Man nehme:
  • einen Verbrennungsmotor
  • dessen Nebenaggregate (Tank, Getriebe, Abgasanlage, um nur die größten zu nennen)
  • einen Elektromotor
  • dessen Leistungselektronik
  • die Traktionsbatterie
All dies muss im Motorrad untergebracht werden. Kein Wunder, dass sich dafür noch kein überzeugendes Konzept gefunden hat - der Platzbedarf ist einfach enorm. Doch vielleicht gibt es zwischen den einzelnen Bauarten trotzdem Unterschiede.

Der Parallelhybrid 
Hier arbeiten beiden Motoren zusammen, das heißt im Normalfall gelangt gleichzeitig Antriebskraft vom Verbrenner und vom E-Motor zum Rad. Bei den meisten heute ausgeführten Bauarten stellt der Kolbenmotor den überwiegenden Teil der Leistung zur Verfügung, während der Stromer eher unterstützt. Das ist auch klar, denn in den meisten Fällen ist es energetisch günstiger, die Antriebskraft ohne Umweg über den elektrischen Pfad zum Rad zu schicken. Denn bei jeder Umwandlung fallen Verluste an. In den elektrischen Pfad fließt also nur die Energie, die sonst verloren wäre - beispielsweise beim Bremsen wiedergewonnene kinetische Energie. Der Verbrenner produziert nur dann Strom, wenn es energetisch günstig ist, beispielsweise weil er bei höherer Last einen besseren Wirkungsgrad hat.
Das heißt: Die E-Power reicht nicht aus, um wirklich elektrisch zu fahren. Man braucht also einen vollwertigen Verbrennungsmotor mit der Kraft und Dynamik - und damit Größe - wie bei einem herkömmlichen Motorrad. Hinzu kommen die oben genannten elektrischen Komponenten. Keine gute Lösung.

Der serielle Hybrid
Bei dieser Konstruktion gibt es keine mechanische Verbindung zwischen Verbrennungs- und E-Maschine. Das heißt: Die Räder werden ausschließlich elektrisch angetrieben, und die Aufgabe des Verbrenners ist es, die dafür nötige elektrische Energie zu erzeugen.
Eigentlich galt dieses Prinzip lange als wirkungsgradtechnisch unsinnig - die Verluste bei der Energieumwandlung, ihr wisst. Die Aufgabe für die Entwickler lautet also, den Verbrenner so zu optimieren, dass diese Verluste ausgeglichen oder sogar überkompensiert werden. Und das ist durchaus möglich. Denn wenn ein Motor nur eine einzige Aufgabe hat - nämlich bei relativ konstanter Drehzahl einen Generator anzutreiben - kann er sehr sparsam sein.
Beim Motorrad ließe sich dieses Prinzip - mehr noch als beim Auto - ins Extrem treiben. Die oben genannten E-Kräder - vor allem die Zero-Modelle - zeigen, dass 35 kW zusammen mit dem saftigen Drehmoment des E-Motors für äußerst dynamische Fahrleistungen ausreichen. Diese ruft man aber sehr selten ab. Bei normaler Landstraßenfahrt braucht man nicht mehr als 20 kW Dauerleistung. Dafür ist nur ein sehr kleiner Verbrenner nötig. Für die motorradtypische Dynamik sorgt allein der E-Motor.
Folgende Komponenten brauchen wir für einen seriellen Hybrid im Bike:
  • einen speziell konstruierten, superkompakten Verbrennungsmotor
  • Eine kleine Traktionsbatterie mit maximal 3 kWh als Puffer
  • einen starken E-Motor samt Leistungselektronik
  • einen Tank
Wegfallen würde im Vergleich zum Parallelhybrid das Getriebe, und auch die Abgasanlage könnte deutlich kompakter ausfallen. Außerdem sind zwischen den einzelnen Komponenten nur Kabel als Verbindung nötig, das heißt, es gibt keine mechanischen Verbindungen, die die Position bestimmter Aggregate zueinander erzwingen.
Der Verbrennungsmotor in diesem Aufbau müsste vor allem flach bauen. Ich könnte mir ganz gut einen Boxer mit vielleicht 300 Kubik vorstellen, bei dem der Generator direkt in den Kurbeltrieb integriert ist. Oder, wenn wir schon spinnen: Irgendwelche Chinesen entwickeln gerade Micro-Gasturbinen als Range-Extender für Autos - die wären noch kleiner. Dahinter liegt der E-Motor, Batterie und Tank obendrauf. Noch besser wäre ein Radnabenmotor.
So würde es aussehen, mein E-Motorrad. Es fährt halt mit Benzin.