28.05.2019

Holla die Wildsau


Die Motorradtour vom letzten Freitag hätte glatt meine letzte sein können. Springt mir doch im Pfälzer Wald eine kapitale Wildsau direkt vor`s Bike! Nur gut, dass die Reflexe funktionierten und ich gerade noch bremsen konnte. Trotzdem: Eine Sekunde früher an der gleichen Stelle, und das Viech wäre mir glatt in die Seite gekracht. Bremsen konnte sie auf dem steilen Hang rechts neben der Straße nämlich nicht mehr.
Auf dem Video sieht es natürlich nicht halb so spektakulär aus, wie es sich in Echtzeit anfühlte. Und ich fuhr ja auch weiter, als wäre nichts passiert. Aber ich kann euch sagen: In dem Moment hatte ich echt Schiss und wollte nur weg. Hätte ich angehalten, hätte das Tier vielleicht auf Angriff geschaltet, zumal es zwei Frischlinge dabei hatte.
Aber genug davon. Ihr stellt euch sicherlich schon längst mehrere Fragen: Was macht der Typ an einem Freitag im Pfälzer Wald? Was fährt er da für ein Motorrad? Und warum zur Hölle wird er dabei gefilmt? (An dieser Stelle herzlichen Dank an Youtuber Slaty für das tolle Video). Tja, die Firma Kawasaki hatte einige Blogger, Vlogger und Influencer sowie Journalisten nach Speyer eingeladen, neue Modelle zu testen. Ein angenehmer Tagestermin bei bestem Motorradwetter, der für mich mit einer knapp dreistündigen Anreise auf der Enfield schon adäquat begann.
In Speyer fasste ich dann sogleich die neu aufgelegte W 800 aus, das Retromotorrad von Kawasaki mit dem Königswellen-Zweizylinder. Die gab es ja schon vor ein paar Jahren, bevor sie mit der Euro-4-Einführung aus dem Programm verschwand. Mittlerweile ist den Kawa-Leuten wohl klar geworden, dass das keine gute Idee war.

Kawasaki W 800 Street (links) und Café.

Um 2012 herum war ich die W 800 schon mal gefahren, und damals enttäuschte sie mich wegen des lahmen Motors und des nicht vorhandenen Sounds. Beides ist beim neuen Modell anders: Die Maschine fühlt sich wesentlich spritziger und weniger zugestopft an als früher, und der pulsierende, kräftige Sound des Reihentwins geht richtig ans Herz. Dummerweise hat Kawa die W mit einem weit nach hinten gekröpften Lenker und einer betont niedrigen Sitzbank sehr stark auf kleine Fahrer und Fahrerinnen zugeschnitten - ich konnte kaum auf dem Ding sitzen. Besser passte es auf der Café-Racer-Variante mit M-Lenker. Insgesamt ist die W 800 ein eher gemütlicher Vertreter, das Fahrwerk schaukelt und die Schräglagenfreiheit ist schnell aufgebraucht. Trotzdem ein feines Gerät, vor allem wegen des eigenständigen Motorkonzepts mit langem Hub und 360 Grad Hubzapfenversatz.
Ganz anders fühlte sich die Z 400 an, die ich ebenfalls kurz fahren konnte. Noch viel kleiner als die W, aber ein klasse Fahrwerk und ein animierender Motor (400 Kubik, 33 kW/45 PS). Mit dem Ding kann man auf kleinen Straßen echt Spaß haben. Spaß hatte ich dann auch auf der Rückfahrt mit der Enfield, im Licht der sinkenden Sonne durch die günen Hügel des Odenwalds - ein Traum! Insgesamt dürften rund 500 Kilometer zusammengekommen sein. Ein perfekter Tag - auch wenn ich einmal richtig Schwein hatte.