30.03.2020

Corona und die Diktatur der Vernunft

Die Corona-Epidemie hat Deutschland fest im Griff. Und angesichts dessen, was in Italien und Spanien derzeit passiert, verbietet sich kleinliches Mimimi angesichts der vergleichsweise unbedeutenden Einschränkungen, die wir derzeit ertragen müssen. Andererseits kann ich auf dieser kleinen Seite hier ja schreiben, was mir gefällt, und meine Prioritäten selbst setzen. Und angesichts der Rückwirkungen, die die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des neuen Corona-Virus auf mein liebstes Hobby haben, möchte ich dazu ein paar Gedanken formulieren.
Unser bayerischer Ministerpräsident Söder hat in Deutschland recht viel Respekt erfahren für seine konsequenten Entscheidungen in der aktuellen Krise. Mittlerweile gefällt er sich jedoch beängstigend gut in seiner Rolle als oberster Virologe und verordnet Bayern noch einmal strengere Regeln, als es die anderen Landesregierungen tun. Beispiel: Private Spritztouren mit dem Motorrad (übrigens auch mit dem Auto) sind verboten. Der Saisonstart ist damit gelaufen, und auch für den Rest des Frühlings sehe ich schwarz.
Bei allem Verständnis für die nötigen Maßnahmen: Worin genau besteht die Infektionsgefahr beim Motorradfahren? Warum behandelt man es nicht so wie auch andere Arten der Bewegung und Freizeitbeschäftigung, die ja weiterhin erlaubt sind - vorausgesetzt, sie finden ausschließlich allein oder innerhalb der Familie statt? OK: Manche Menschen - darunter auch Motorradfahrer - argumentieren so: Wer jetzt einen Unfall erleidet und ärztliche Hilfe braucht, der stresst das ohnehin stark belastete Gesundheitssystem noch weiter und nimmt eventuell einem Covid-Kranken das Intensivbett weg. Dieses Argument ist so richtig wie trivial - und gefährlich. Denn es lässt sich auch unabhängig von der Corona-Krise gegen das Motorradfahren ins Feld führen. Es ist nichts anderes als das gute alte "Ihr seid doch alle Organspender!" Mein oberstes Ziel als Motorradfahrer ist es doch, so unterwegs zu sein, dass die Fahrt nicht in der Notaufnahme endet - und das unabhängig von der Frage, ob gerade Corona-Krise ist oder nicht. Wer lebensverneinend fährt, dem muss man mit anderen Mittel beikommen, als einfach allen das Fahren zu verbieten.
Und noch etwas macht mir Angst (ich übertreibe jetzt, aber nur ein bisschen): Wenn das Motorradfahren jetzt aus gesundheitlichen Gründen verboten wird, dann muss man sich durchaus fragen, ob die Gesellschaft und die Politik diese Gefahren zu einem späteren Zeitpunkt wieder akzeptieren werden. Ab wann soll es denn wieder OK sein, sich in die Notaufnahme zu rasen? Denken wir nur einmal an die Unfallstatistik: Im Jahr 2019 sind über 500 Motorradfahrer im Verkehr ums Leben gekommen. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass diese Zahl 2020 deutlich sinken wird. Das heißt aber auch, dass es 2021 eine starken Anstieg der Zahl der Verkehrstoten geben würde, wenn das Fahren wieder erlaubt wird. Welcher Politiker möchte dafür gern verantwortlich sein?
Da fällt es doch viel leichter, zu sagen: Reine Spaßfahrten bleiben ab jetzt verboten. Schließlich erhöhen sie die Unfallgefahr (und die Umweltverschmutzung), ohne einem unmittelbaren Zweck zu dienen. Und das kann eine vernunftbetonte, sicherheits- und umweltbewusste Gesellschaft einfach nicht mehr hinnehmen.
Hoffen wir, dass es nicht so kommt.

Ergänzung 31.03.: Ich lasse auf dieser kleinen Seite ganz bewusst keine Kommentare zu, aus leicht verständlichen Gründen. Leider verhindere ich damit auch, dass kluge Leute interessante Gedanken zu meinen Beiträgen hinzufügen können. Umso mehr freue ich mich, wenn ihr meine Äußerungen trotzdem aufgreift und sie weiterspinnt - so wie Der alte Griesgram auf seinem Blog. Sehr guter Punkt übrigens, das mit dem Rauchen.