11.04.2021

Probefahrt 1: BMW R Nine-T

"Das gehört eben zum Konzept", sagte der freundliche Verkäufer im Motorradhaus Ebert, dem Würzburger BMW-Händler, als ich ihn auf den mangelnden Sitzkomfort auf der schmalen, harten Sitzbank der "Ninette" ansprach. Nicht, dass mir das nicht klar gewesen wäre. Aber der junge Mann konnte natürlich nicht wissen, dass ich die R Nine-T nicht deswegen so interessant finde, weil es die geile Umbaubasis für alle Café-Racer-Fans mit weißblauem Blut ist, sondern weil sie eines der letzten echten Motorräder auf dem Markt ist. Eine der wenigen Maschinen, an denen man nichts mehr weglassen kann. Eine ETZ 250 auf modern (oder meinetwegen eine R 80). Für mich muss sie tauglich sein für das volle Motorradleben, denn ich kaufe sie ja nicht als Sonntagmorgenalternative zur GS, sondern statt der GS. 

Aber Sitzbänke kann man leicht ändern. Alles andere hat mich an der Maschine, als ich sie am Freitag Nachmittag für zwei Stunden auf meiner Taubertal-Hausrunde ausführen konnte, durchaus überzeugt:

  • Die Sitzposition ist bequem: Zwar muss man sich etwas über den langen Tank strecken, aber ich bin ja groß. Auch der Kniewinkel scheint akzeptabel, wenn auch nicht so entspannt wie an der Buell mit ihrer größeren Sitzhöhe.
  • Das Fahrwerk ist ziemlich straff. Aber das soll bei der Variante Pure, die ich mir kaufen würde, anders sein. Ich war mit der "normalen" Ninette mit USD-Gabel unterwegs.
  • Der Motor hat enorm viel Power und drückt ab etwa 2.000 Umdrehungen richtig fett vorwärts. Und die Gasannahme haben die BMW-Leute wirklich vorbildlich hingekriegt. Es gibt  keine Rucks beim Lastwechsel, die Maschine geht wunderbar smooth ans Gas. 
  • Am meisten hat mich das Getriebe überrascht: Zwar schaltet es sich etwas weich, und die Rastung ist nicht immer gleich zu spüren, aber es ist um Welten besser als das an meiner ersten BMW. Und es gefällt mir auch besser als das Schaltwerk der wassergekühlten Boxer, bei denen der Schalthebel irgendwie immer leicht zurückschlägt, wenn man trotz Schaltassistent konventionell mit Kupplung arbeitet.
  • Der Auspuffsound war leiser, als ich zuvor gedacht hatte. Für den Fahrer recht angenehm, wenn auch für mich als V2-Fan zu gleichförmig. Isa berichtete als Hinterherfahrerin, dass die Maschine beim Herausbeschleunigen aus Ortschaften, wenn die Auspuffklappe öffnete, einen sehr deutlichen Brumm hören lässt, aber leiser war als die Buell. Das Standgeräusch beträgt bei der Pure übrigens 87 dB (A), ist also Tirol-tauglich.

Fazit: Die BMW hat mir sehr gut gefallen und bleibt auf dem Einkaufszettel. Aber so groß, dass ich sie vom Fleck weg gekauft hätte, war die Faszination auch nicht. Dazu bin ich zu wenig Boxer-Fan. Auf jeden Fall will ich noch die neue Triumph Bonneville T120 fahren - leider kommt sie erst Mitte Mai auf den Markt. Und eventuell auch die Ducati Scrambler und, wer weiß, auch die Moto Guzzi V7. Demnächst mehr dazu auf dieser kleinen Seite.